Flawil als Hotspot der Filmgeschichte des Kantons St.Gallen

Lange galt der Film "Die vierfache Fahnenweihe in Flawil von 1912" aus der Sammlung Cinema Leuzinger als der älteste Film des Kantons St.Gallen. Mit der Entdeckung einer Filmrolle im Jahre 2020 im Nachlass der Familie Schiess-Habisreutinger, Flawil, änderte sich dies. Der entdeckte Film zeigt den Weberei-Patron Huldreich Ottiker, wie er inmitten seiner Belegschaft die Fabrik verlässt. Der Film muss spätestens im Herbst 1908 entstanden sein, da Ottiker im Februar 1909 starb. Somit war das Dorf Flawil mit seinen Textilbetrieben (Weberei, Stickereien, Färber- und Bleichereien) und einem blühenden Vereinsleben Drehort für die beiden ältesten Filme aus dem Kanton St.Gallen. Aus dem gleichen Nachlass der Familie Schiess-Habisreutinger stammen auch die Filme "Mittagsstündchen 1927" und der Film über die Verarbeitung der Baumwolle übers Garn bis zum Tuch aus dem Jahre 1927. Das Ortsmuseum besitzt eine Reihe weiterer Filme aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die von ortsansässigen Filmamateuren gedreht wurden.     


Ältester Film des Kantons St. Gallen, entstanden um 1905 bis 1908. Der 35mm-Film wurde 2020 im Nachlass der Familie Schiess-Habisreutinger, Flawil, entdeckt und anschliessend im Auftrag des Ortsmuseums digitalisiert. Die Fundsituation lässt darauf schliessen, dass der Film vermutlich vom Filmer Dahlmann-Fasold gedreht wurde. Das Filmmotiv orientiert sich an den Gebrüdern Lumière, die in ihrem ersten Film den Auszug ihrer Belegschaft aus ihrer Fabrik in Lyon aufgenommen haben und damit Filmgeschichte geschrieben haben.



 

 

 

 

 

Der Film

"Die Vierfache Fahnenweihe von Flawil

vom 21. April 1912"

auf der Weidegg ist hier bei MEMORIAV zu sehen. 


Der Film wurde 2020 im Nachlass der Familie Schiess-Habisreutinger, Flawil, entdeckt und anschliessend im Auftrag des Ortsmuseums digitalisiert. Unter dem Titel "Die Baumwolle in unserer nationalen Industrie" zeigt die Weberei Habisreutinger-Ottiker die Verarbeitung der Baumwolle in deren Betrieb "Spinnerei Letten (Glattfelden)" und der Weberei in Flawil. Die Aufnahmen sind ein einzigartiges industrie-geschichtliches Filmdokument. Sie zeigen die Verarbeitung der Baumwolle übers Garn bis zum fertigen Tuch. Der Film ist wahrscheinlich für die St.Galler Herbstmesse von 1927 in Auftrag gegeben worden. Filmdauer ca. 43 Minuten. Die Vertonung erfolgte 2023 im Auftrag des Ortsmuseums Flawil.



 

Mittagsstündchen 1937

Der 35mm-Film wurde 2020 im Nachlass der Familie Schiess-Habisreutinger, Flawil, entdeckt und anschliessend im Auftrag des Ortsmuseums digitalisiert. Er entstand wohl parallel zu den Aufnahmen zum Film "Die Baumwolle in unserer nationalen Industrie", den Habisreutinger in seinen Betrieben Spinnerei Letten (Glattfelden) und Weberei Habisreutinger Ottiker in Flawil drehen liess.



 

 

Film vom

Jubiläumsausflug

125 Jahre Habis Textil AG 1982

(Film von Richard Tanner ✝ 2023)

 

Schifffahrt auf dem Bodensee

mit anschliessendem Nachtessen

im Hotel Bodan, Romanshorn.



 

 

 Film vom

Jubiläumsausflug

100 Jahre Habis Textil AG 1957 

 

Schifffahrt auf dem Bodensee

mit Besuch der Insel Mainau



 

Im Jahre 1995 stellt die Habis-Textil nach 138 Jahren die Produktion ein. Kurz vor dem endgültigen Aus filmt Beat Schiltknecht auf Anregung von Edi Pfändler einen Rundgang durch die Fabrikhallen. Nur noch wenige Angestellte sind am Arbeitsplatz. Teile der Maschinen und Einrichtungen sind bereits ausgebaut. Wo einst mehr als 600 Personen Arbeit und Einkommen fanden, herrscht Leere....



Im Vorfeld der Einführung der neuen Truppenordnung von 1938 führte die 6. Division der Schweizer Armee  im Herbst 1936 ihr letztes Divisionsmanöver durch. Truppen übten auch u.a. in der Umgebung von Flawil (Angriff auf Bolten bei Nassen). Anscheinend waren Einheiten auch in Flawil stationiert, die auf dem Platz hinter dem Rössli retablierten. Ein Wagenkolonne mit ausländischen Manöverbeobachtern unter Führung des Generalstabchefs der tschechischen Armee, General Krejci finden sich vor dem Rössli Flawil ein. U.a. sind Generalleutnant Muff (Deutschland), Brigadegeneral Bouffet und Oberstleutnant de La Forest-Divonne (Frankreich)  und Brigadegeneral Bencale von Italien dabei. Das Défilée findet bei Algetshausen statt im Beisein von Bundesrat Minger (zu Pferd) und den Oberstkorpskommandanten Guisan und Wille. (Aufnahmen von Dr. H. Kutter) 



 

 

Die Bilder zeigen die Flawiler Orts-/Luftschutztruppe, bestehend aus Männern und Frauen bei der Ausbildung. Die Szenen zeigen u.a. Antrittsverlesen, Pferdeinspektion, Turnübungen, Bauarbeiten zur Sicherung von Gebäuden, Waffeninspektion, Entlassung usf. Die Aufnahmen aus der Zeit von ca. 1939 / 1940 stammen von Dr. Kutter.



 

Kinder - vor allem von weniger bemittelten Familien - besammeln sich im Sommer 1937 auf dem Marktplatz zur Abfahrt in die Ferienkolonie unter der Leitung von Lehrer Saxer (im gestreiften Anzug mit weissem Hemd und Krawatte). Mit zwei Autocars (der weiss-dunkle von Säntis-Reisen Rechsteiner, der schwarze evtl. von Blarer) fahren die Kinder nach Hemberg. Es folgen Aufnahmen vom Lagerleben mit Spiel und Tanz, möglicherweise beim Salomonstempel.



 

Der Apotheker und Ameisenforscher Dr. Heinrich Kutter filmte aus seinem Studierzimmer ein Velorennen in den Strassen von Flawil. Die (zuerst unscharfen) Bilder zeigen die Velofahrer in der Bahnhofstrasse und bei der Rückkehr auf der Wilerstrasse mit Wiedereinbiegen auf die Bahnhofstrasse. Auffallend sind die vielen Zuschauer entlang der Bahnhofstrasse. Ein Motorrad mit Anzeige-/Werbetafel orientiert die Leute über den Stand des Rennens.


Ein anderes Rundstreckenrennen (ohne Datum) führt über die Bahnhofstrasse vorbei am alten Restaurant Toggenburg auf die Magdenauerstrasse. Der Jury-Wagen steht vor der Toggenburg. Auf der Terrasse der Toggenburg sitzen Zuschauer. Der Sieger wäscht sich vor der Entgegennahme des Siegerstrausses von den Ehrendamen. Auch in diesem Rennen orientiert ein Motorrad mit Seitenwagen die unglaublich vielen Zuschauer über den Stand des Rennens. 



Dreiteiliger Film:

Lehrer Fausch führte mit seiner Klasse (Jahrgang 1926) im Jahre 1938 das "Früehligsspiil vo Blueme und Sonnestrahle" von Klara Müller mit Liedern von Max Haefelin auf.

Der zweite Teil zeigt Aufnahmen vom kantonalen Dirigentenkurs für Marschmusik vom 3. April 1938 in Flawil.

Die Aufnahmen im dritten Teil zeigen den Kreismusiktag für das Toggenburg am 8. Mai 1938 in Flawil.

Die Aufnahmen stammen vom Flawiler Apotheker und Ameisenforscher Dr. Heinrich Kutter.



 

 

 

Der Flawiler Drogeriebesitzer Emil Zingg filmte am Nordostschweizerischen Schwingfest NOS von 1935. Nebst einigen Schwingern kommen im Film vor allem lokale Grössen und Mitglieder des Organisationskomitee zur Geltung.


Auszüge aus dem Festführer zum Festprogramm und Teilnehmerliste der Schwinger und Steinstösser siehe nebenan (Bilder durch Anklicken vergrössern)



Der Männerchor Harmonie Flawil unternimmt eine Sängerreise zur Côte d'Azur vom 5.-9. Mai 1937. Die Reise beginnt mit Zugabfahrt 05.35 ab Flawil über Genf und Lyon mit Ankunft in Marseille mit etwas Verspätung kurz nach Mitternacht. Am übernächsten Tag verlassen die Sänger Marseille, besuchen Cannes und treffen am späteren Nachmittag in Nizza ein, wo sie im Hotel Suisse übernachten. Am Samstag, 8. Mai ist Monte Carlo u.a. mit Casino und Aquarium Ausflugsziel. Am Sonntag kehren sie 08.05 Uhr ab Nizza via Cuneo, Turin, Domodossola und Bern zurück und treffen wiederum kurz nach Mitternacht in Flawil ein. Mit der Kamera dabei ist Sänger Emil Zingg.



Am 1. August 1941 feiert Flawil 650 Jahre Eidgenossenschaft. Die ersten Bilder zeigen das fahnengeschmückte Dorf. Auf der "Stocken" film Emil Zingg das Panorama von Flawil in nördliche Richtung. Auf der Wiese der Grund-Schulhäuser ist der Festplatz vorbereitet. Die Belegschaft der Habis Textil AG hat am Mittag Feierabend und verlässt die Fabrik. Nach den Aufnahmen im ältesten Film von ca. 1905-1908 und dem Film von 1927 ist damit zum 3. Mal der Auszug der Weberei-Angestellten dargestellt. Der Festumzug mit allen Vereinen und Schülerschaft zieht durchs Dorf. Nach dem Umzug versammeln sich Teilnehmer und Bevölkerung zu Festakt und Darbietungen auf der Wiese im Grund. Die Jungbürgerinnen und Jungbürger erhalten ein Präsent überreicht. 



2 Filme:

Springkonkurrenz Flawil vom 5. Juli 1936 auf der Schützenwiese bei der Reithalle. Als Auftakt zum Reiterfest gehörte damals auch ein Umzug durchs Dorf über die Bahnhofstrasse zum Festplatz. Der Film von Heinrich Kutter zeigt eine der vielen Springkonkurrenzen, die der Reitverein Flawil in seiner Geschichte organisiert hat. Praktisch alle Teilnehmenden waren damals als Pferdebesitzer Soldaten der Kavallerie oder von Train-Einheiten und leisteten ihren Militärdienst mit ihren Pferden. Diese waren ebenso stellungspflichtig wie ihre Besitzer und wurden auch periodisch von Pferde-Ärtzten inspiziert. Frauen waren damals im Reitsport noch kaum vertreten.

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Heimkehr der Flawiler Turnerschaft im Juli 1936

Vereine, die an einem eidgenössischen Fest teilgenommen hatten, wurden bei ihrer Rückkehr traditionell von den anderen Dorfvereinen am Bahnhof empfangen und in einem Umzug durch das Dorf begleitet. Hier dürfte es sich um das 61. Eidgenössische Turnfest vom 17.-20. Juli in Winterthur gehandelt haben.